Im Winter barfuß gehen, halten viele Menschen für ungesund und gefährlich. Und das aus gutem grund: Schliesslich kann extreme Kälte zu Erfrierungen führen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Barfuß gehen im Winter ist gesund und führt zu dauerhaft warmen Füßen.
Der Körper ist schon erstaunlich. Im Laufe meines Lebens habe ich wiederholt die Erfahrung gemacht, dass scheinbar unmögliche Herausforderungen ohne Probleme gemeistert werden können. Dank eines Körpers, der äusserst anpassungsfähig ist. Alles was es dazu braucht, ist Disziplin.
So auch beim barfuß gehen im Winter. Es ist die Zeit, in der ich die meisten ungläubigen Blicke und Bemerkungen ernte. Dabei bin ich keineswegs aussergewöhnlich. Ganz im Gegenteil, konnten meine Füße früher nie warm genug eingepackt sein. Selbst nachts trug ich dicke Wollsocken und war stets darauf bedacht, dass meine Füße nicht unter der dicken Decke hervorlugten. Trotzdem hatte ich ganz oft kalte Füße.
Ich gab Unsummen für gute Schuhe aus. Stiefel aus Juchtenleder und mit Schafwolle gefütterte Duckfeets reihten sich in einem Schrank aneinander. Bequem sollten sie sein und vor allem warm. Kalte Füße hatte ich trotz all der Maßnahmen immer wieder.
An einem Tag im Herbst hatte ich intuitiv das Bedürfnis, meine Schuhe auszuziehen und barfuß zu gehen. Mir wurde bewusst, dass all die schönen Schuhe mich von der Erde isolierten. Der Erde, die mich hervorgebracht hatte. Als versuchte ich eine Trennung herbeizuführen um meinen Glauben zu stärken, ich wäre ein einzigartiges Individuum. Weit entfernt von der Erkenntnis, dass ich nur eine Erscheinung der unendlichen Möglichkeiten der gesamten Existenz bin. Eine Erscheinung mit der Illusion von einem unveränderichen Selbst.
So begann es im Herbst, dass ich jeden Tag in den Wald ging und am Ende einer stetig länger werdenden Strecke meditierte. Dabei stimmte mich das barfuß gehen bereits auf die Meditation ein. Es sorgte nicht nur für meine Erdung, sondern war bereits Teil der Meditation, denn ich konzentrierte mich bei jedem Schritt auf meine Fußsohlen. So nahm ich jeden einzelnen Schritt wahr. Spürte die Temperatur, den Druck und die Struktur des Bodens, ohne dabei etwas zu bewerten. Steine die in die Füße drückten, kalte oder warme Stellen waren nicht mehr Schmerz, Kälte oder Wärme, sondern einfach nur Wahrnehmung. Sie würden überrascht sein, wie sich ein ertragbarer Schmerz durch urteilsfreie Beobachtung zu einer interessanten Erfahrung wandelt, wenn Sie ihn nicht mehr auf ein Selbst beziehen.
Anfangs war es noch recht kalt, weshalb ich empfehle, mit dem barfuß gehen bereits im frühen Herbst oder Spätsommer zu beginnen. Doch es war nicht die Kälte an den Füßen die sich besonders bemerkbar machte. Es war eine innere Kälte im Körper. Denn über die nackten Füße und Unterschenkel wurde die Wärme aus dem Körper gezogen. Wie eine geheizte Wohnung, in der das Fenster weit geöffnet ist, so dass die Wärme entweicht. Doch der Körper ist sehr anpassungsfähig. So dauerte es nicht lange, bis er sich mit der neuen Herausforderung arrangiert hatte. Kalte Füße kenne ich seither nur noch kurzzeitig, wenn ich bei sehr niedrigen Temperaturen durch vereistes Gras gehe. Meine Füße werden dann kurzzeitig sehr kalt bis sie vor der Schmerzgrenze plötzlich warm werden und so auch den ganzen Weg über bleiben. So als würde man einen Schalter umlegen an dem der Körper sagt: “Gut, ich habe versucht dich zu überreden, Deine Füße warm einzupacken. Du hörst nicht, also kümmere ich mich darum”.
Mittlerweile sind niedrige Temperaturen überhaupt kein Problem mehr. Meine Füße sind meist warm und ich wandere jeden Tag ein bis zwei Stunden durch den Wald. Schwierig sind die nassen Tage. Sie gleichen oft einer Rutschpartie. Die Evolution hat glatt übersehen, dass die sich unter den Füßen bildende, dicke Ledersohle unglaublich glatt ist.
Gibt es dann überhaupt eine Herausforderung im Winter, wenn die Kälte keine darstellt? Es gibt eine und diese möchte ich nicht verschweigen. Hier im Wald gibt es Wege, die mit Fahrzeugspuren übersät sind. Viele dünne Rillen, die gefroren, barfuß gehen sehr erschwerden. Besonders dann, wenn ich die Strecke laufe, statt sie zu gehen.
Doch auch dafür habe ich einen Tipp, der mir sehr geholfen hat. Dazu eine kurze Geschichte.
In Indien ging ich einst mit einer Frau zu einer Fußsohlenreflexmassage. Der Weg dorthin führte über einen Kieselsteinweg und wir hatten unsere Schuhe in der Unterkunft gelassen. Die Frau jammerte über jeden Schritt und litt sichtlich. Bei der Fußsohlenreflexmassage angekommen, war sie sehr erleichtert. Nun erwartete ich, dass sie eine sanfte Massage ihrer Fußsohlen wünschen würde. Ich war sehr überrascht, als sie ständig um mehr Druck bat. Es konnte ihr nicht hart genug sein. Während ich diese Szenerie beobachtete dachte ich bei mir, dass sie ihre Massage bereits auf dem Weg hatte. Genauso, wie sie es sich wünschte.
Ihr war schlichtweg nicht bewusst, dass der Gang über den Kieselsteinweg einer guten Fußsohlenreflexmassage entsprach. So nahm sie den Gang als schmerzend wahr. Einzig durch den Glauben, die Steine könnten ihr schaden.
Sie wissen sicher bereits worauf ich hinaus will. Ihre Einstellung ist entscheidend. Schmerzen Ihre Füße, dann machen Sie sich die gesundheitlichen Vorzüge bewusst. Sie werden dadurch ganz neue Erfahrungen machen und Schmerzen nicht mehr als solche wahrnehmen.
Jeden Tag hoher Schnee und trotzdem barfuß?
Nachdem dieser Winter in unseren Bergen sehr schneereich und kalt ist, gibt es doch einige Erfahrungen, mit denen ich diesen Beitrag ergänzen möchte.
Seit mehreren Wochen haben wir hier in den Bergen sehr viel Schnee. Dauerhaft ca. 1/2 Meter. Jeden Tag laufe ich barfuß meine Strecke durch den Wald. Anfangs schien es lediglich problematisch zu sein, Berge hoch zu kommen. Denn mit nackten Füßen rutsche ich im Schnee und finde schwer halt. Besonders problematisch ist es, wenn unter der Schneedecke starke Vereisungen sind. Dadurch entstehen Verletzungen an den Füßen. Wirklich problematisch ist jedoch ein anderer Umstand.
Meine Füße haben an den Zehen starke Blasen bekommen. Ich kann nicht genau sagen, ob es der Reibung im Schnee, den Verletzungen durch untere Eisschichten oder Verbrennungen durch dauerhafte Kälte geschuldet ist. Schliesslich laufe ich seit Wochen jeden Tag bis zu 2 Stunden im hohen Schnee. Im Resultat habe ich meinen täglichen Lauf aufgeben müssen, bis die Füße wieder abgeheilt sind. Interessant ist auch, dass die starke, schützende Hornhaut wie abgeschliffen ist. Es könnte also auch durchaus sein, dass die Verletzungen durch Reibung entstanden sind. Denn wirklich kalte Füße hatte ich nie.
Wie ich es auch drehe, nach mehreren Wochen laufen im hohen Schnee, muss ich vorübergehend aussetzen. Also seid vorsichtig und übertreibt es nicht.
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