Borretsch ist eine aus Südosteuropa stammende Pflanze, die im Mittelalter ihren Einzug in unsere Bauerngärten fand. In jüngerer Zeit ist sie, wie der Huflattich, zu Unrecht in Verruf geraten.
Giftige Pyrrolizidinalkaloide im Borretsch?
Grund sollen die im Borretsch gefundenen Pyrrolizidinalkaloide sein, aufgrund derer diese alte Heilpflanze gemieden werden sollte. Welch eine Scharade, deren Podest die “moderne” Wissenschaft bildet.
Doch die “moderne” Wissenschaft verfolgt im Grunde einen vollkommen falschen Ansatz. Denn sie geht davon aus, dass ausschliesslich in Vitro gefundene Stoffe, die vermeintlich schützende Eigenschaften zeigen, gut für uns wären.
Doch das Gegtenteil ist der Fall. Ein Apfel ist nicht gesund für uns, weil er so viele Vitamine, Mineralien und vermeintlich gute bioaktive Substanzen enthält. Er ist gesund, weil er Gifte enthält, mit denen er sich vor seinen Fressfeinden zu schützen sucht. Diese Gifte erzeugen in unserem Körper Stress. Um sich vor dem nächsten Giftangriff besser zu schützen, baut sich unser Körper in der folgenden apfelfreien Zeit stärker auf. So sind wir für den nächsten Apfel besser gewappnet.
Dieses Prinzip wird als Hormesis bezeichnet. Es ist der Schlüssel für unsere Gesundheit. Nicht die Vermeidung und der Schutz, sondern die Konfrontation und das daran wachsen. Aus diesem Grund ist es gesund, als Kind im Dreck zu spielen, moderat Sport zu treiben oder zu fasten.
Wenn nun eine Heilpflanze, wie unser Borretsch, in seine Einzelteile zerlegt wird, um geringste Mengen Pyrrolizidinalkaloide nachzuweisen, die dann isoliert in Tierversuchen in absurd hohen Konzentrationen verabreicht werden, dann ist das kein Beweis für seine Schädlichkeit, sondern ein Beweis für die vollkommen absurden Methoden und falschen Schlußfolgerungen der vermeintlich unfehlbaren Wissenschaft.
Sollten Sie dennoch verunsichert sein, dann können Sie die Verwendung von Borretsch einschränken, was ohnehin aus Sicht der Hormesis sinnvoll ist. Oder Sie verwenden lediglich Borretschöl, das frei von Pyrrolizidinalkaloiden ist.
Heilwirkung von Borretsch
Hieronymus Bock schreibt 1539 über den Borretsch:
Borretschkraut ist eine treffliche, gesunde Speiß den blöden und schwachen Menschen. Die soll man mit Müßlein aus Borretsch speisen und die holdseligen Blüten zu trinken befehlen. Auf das die schwachen, traurigen Menschen ihres Leids vergessen mögen.
Damit greift Hieronymus Bock die Verwendung auf, die bereits Dioskurides, Galenos und Plinius beschrieben hatten. Im Lateinischen hieß es:
Fernelius, Leibarzt von Heinrich II. und Katharina de Medici, schrieb über die Borretschblüten:
Tabernaemontani
Die umfangreichste Beschreibung für die Heilwirkung von Borretsch lieferte Tabernaemontani, der Schüler von Hieronymus Bock. Er empfiehlt Borretsch den Schwachen, Blöden, Traurigen und Kraftlosen. Borretschblüten und Borretschkraut in Wein gekocht empfahl er gegen Herzzittern mit einhergehender Kälte. Geht es mit Hitze einher, sollte statt Wein Wasser verwendet werden.
Selbigen Trank empfahl er mit Honig gesüsst bei dürren Husten und rauhen Hals. Gegen Zahnschmerzen sollte man das Borretschkraut reichlich frisch kauen.
Borretschkraut, Samen und Wurzel in Wein gekocht und getrunken soll verhindern, dass Gift zum Herzen wandert.
Gegen Verstopfung solle man vor dem Essen Borretsch, Binetsch und Bingelkraut in Fleischbrühe gekocht und Mandelöl angemacht essen.
Der Samen in Wein gekocht und getrunken soll den Weibern die versiegende Milch wiederbringen.
Daneben empfahl er die Pflanze gegen Fieber und ironischerweise bei Leberbeschwerden.
Heute wird Borretsch kaum noch als Heilpflanze verwendet. Seine sicher gegebene Heilwirkung ist der Verwendung in der Küche gewichen, denn sein gurkenähnlicher Geschmack begeisterte nachfolgende Generationen. Kaum ein Bauerngarten in dem sich der Borretsch nicht wiedergefunden hätte. Und ist er erst einmal gepflanzt, ist er nicht mehr so leicht zu verjagen, wusste schon Bock zu berichten. Denn mittels seiner Blütenpracht sät er sich jedes Jahr aufs Neue reichlich aus.
Ein besonders leckeres Gemüse sind die in Butter gebratenen Borretchblätter.
Borretschsaft
Borretschsaft erhalten Sie durch auspressen der ganzen Pflanze. Er wurde für äußerliche Anwendungen mit Erdrauchsaft vermischt. Ein damit getränkter Schwamm auf betroffene Stellen gelegt, sollte allerlei Beschwerden lindern.
Borretschwasser
Borretschwasser erhalten Sie durch die Destillation der Pflanze. Es wurde eingenommen bei vielen mit Hitze einhergehenden Beschwerden. Dazu zählten Kopfschmerzen, Seitenstechen, Fieber, Blutunreinheiten, schlechte Träume und Melancholie.
Äußerlich nutze man das Borretschwasser bei roten Augen und Kopfschmerzen indem man ein damit benetztes Tüchlein darüber legte.
Bei sehr starken, zu Ohnmächtigkeit und Mattigkeit führenden Fieber mischte man Borretschwasser, Rosenwasser und Sauerampferwasser zu gleichen Teilen. Mischte etwas Nägleinblumenessig und Safran darunter und legte es als feuchtes Tuch über das Herz.
Bei Hitze um die Brust mischte man Borretschwasser, Ochsenzungenwasser zu gleichen Teilen. Gab etwas Rosenwasser und Rosenessig hinzu und lege ein damit getränktes Leinentuch über die Brust.
Borretschblütenzucker Rezept und Wirkung
Für einen Borretschblütenzucker stampfen Sie die frisch gesammelten Borretschblüten in einem Holzmörser, nachdem Sie die schwarzen Samen entfernt haben. Nach und nach geben Sie Zucker hinzu. Die Zucker- Blütenmischung wird anschliessend in die Sonne gestellt und regelmässig umgerührt.
Borretschblütenzucker galt als ausgezeichnetes Heilmittel zur Behandlung von Melancholie und Traurigkeit. Es stärkt das Herz und den Geist und ist hilfreich bei Fieber.
Borretschblütensirup oder Borretschsirup
Borretschblütensirup erhalten Sie durch Mischung von 18 Teilen Borretschsaft und 3 Teilen Borretschblüten, aus denen Sie die Samen entfernt haben. Das kochen Sie, bis es schäumt und fügen dann 8 Teile Zucker hinzu. Den Borretschblütensirup kochen Sie bis zur gewünschten Konsistenz ein.
Dieser Borretschblütensirup wird als hilfreich bei allen zuvor beschriebenen Beschwerden beschrieben.
Borretschwein
Borretschwein können Sie auf vielerlei Arten herstellen.
Drei Rezepte, wie Sie Borretschwein herstellen können:
- Nehmen Sie 1 Teil Borretschblüten und 7 Teile süßen Most. Und lassen es mazerieren. Alternativ können die Blüten im Most gekocht werden.
- Gereinigte Borretschwurzeln werden in einem guten Weißwein mazeriert. Lassen sie die Mischung 3 Wochen in der Sonne stehen, bevor Sie sie abseien.
- Vermischen Sie Borretschsaft mit einem guten Weißwein.
Borretschwein Wirkung
Borretschwein wurde bei Schwermut verabreicht. Oft wurde er dafür mit Wermut vermischt. Darüber hinaus galt er als gutes Mittel zur Blutreinigung und hilft bei allen zuvor beschriebenen Beschwerden.
Borretsch kaufen
Wenn Sie einen Garten besitzen, empfiehlt es sich eine Borretschpflanze zu kaufen. Sie vermehrt sich sehr schnell in Ihrem Garten. Die Pflanze ist eine beliebte Bienenweide und für uns Menschen eine Augenweide.
Aufgrund der verschiedenen Schreibweisen und Namen lohnt es sich durchaus sowohl nach Boretsch als auch nach Borretsch, Gurkenkraut oder der lateinischen, wissenschaftlich eindeutigen Bezeichnung Borago officinalis zu suchen.
Alernativ können Sie Borretschsamen kaufen oder bei Gärtnern nachfragen. Sie können diese Heilpflanze noch heute in vielen natürlichen Gärten finden.
Borretsch hat sich mir als ausgezeichnete Arznei und als leckeres Gemüse erwiesen und ich hoffe, dass mein Plädoyer für diese alte Heilpflanze der heute recht einseitigen Verteufelung ein wenig entgegenwirkt.
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Buckermann meint
Vielen Dank für den schönen und vielseitigen Artikel über den schönen Borretsch. Einiges werde ich bestimmt erkunden.