Von der Notwendigkeit die eigenen Wurzeln zu finden.
Heute kam mein Sohn aus der Schule zu mir und sprach über seine Ethikarbeit. Er steckte in einem Konflikt. Aus guten Grund wählte er in der Schule das Fach Ethik und nicht Religion. Den Unterschied kann er mittlerweile jedoch kaum erkennen. Geht es doch im Fach Ethik hauptsächlich um Religion. So stellte er mir heute zwei Fragen.
Ist Ethik Religion und muß ich Fragen falsch beantworten um keine schlechte Note zu bekommen?
Ist Ethik Religion?
Der Begriff Ethik stammt aus dem griechischen. Man könnte Ethik mit sittliches Verständins übersetzen. Damit ist auch schon umschrieben, wobei es bei der Ethik geht. Es geht um die Aufstellung von Kriterien zur Unterscheidung von guten oder schlechten Handeln. Nur durch Aufstellung dieser Kriterien wird es überhaupt möglich, Handlungsweisen zu beurteilen, beziehungsweise zu verurteilen. Denn grundsätzlich sind unsere Handlungen sehr subjektiv zu bewerten. Ob etwas gut oder schlecht ist, bewerten wir durch die zu Grunde liegende Ethik. Also dem, was wir als sittliches Verständnis zu Grunde gelegt bekommen haben.
Welche Rolle spielt dann die Herkunft des sittlichen Verständnisses? Wie wäre es, wenn wir die Ethik der Fore gelehrt bekämen? Einem Stamm auf Papua Neuguinea, bei dem der Kannibalismus noch heute ein Bestandteil der Ethik ist. Vielleicht ist das Beispiel übertrieben, jedoch nur durch Übertreibung wird deutlich, wie seltsam der Ansatz ist, die Ethik einer anderen Kultur zu übernehmen.
Wer jetzt glaubt, das Christentum und die dem Christentum zu Grunde liegende Bibel entsprächen unserer Kultur, der liegt damit nicht richtig. Das Christentum wurde durch die Römer in unsere Kultur importiert und damit auch dessen ethische Werte.
Welche Auswirkungen eine fremde Ethik auf unsere Kultur hat, wird leider sehr deutlich.
Wer sich auf die Suche nach den eignen sittlichen Werten macht, der wird auf ganz andere Grundsätze stossen.
Viele Menschen spüren, dass ihnen etwas fehlt. Mit diesem Gefühl machen sie sich auf die Suche und finden oft neue ethische Werte im Buddhismus oder dem Hinduismus, die unserer eigenen ursprünglichen Ethik näher stehen als die sittlichen Werte des Christentums. Dennoch ist es nur eine Verschiebung. Es zeigt die Entwurzlung in die wir geraten sind. Man hat uns aus der Erde gerissen und uns in einen Boden gesteckt, der uns nicht nähren kann. Wie wichtig es ist im eigenen Boden verwurzelt zu sein, zeigt die Entwicklung unserer Gesellschaft in der nicht die Vernunft und die Nächstenliebe die bestimmenden Faktoren sind, sondern die Gier. Nicht das Ruhen und die Zufriedenheit im Augenblick, sondern der Fortschritt mit dem Glauben, nur in der Zukunft könnte das Glück zu erreichen sein.
Unsere Ethik entstammt einer Kultur, in der Gott nicht in Kirchen zu finden ist sondern in der Natur. In der Gold nichts wert war und Fürsorge nicht zur Aufbesserung eines ohnehin nur scheinbar existierenden Egos diente, sondern der Liebe und dem Glauben entsprangen, dass alles miteinander durch das Wyrd verbunden ist.
Unsere Ethik würde die Natur schätzen. Sie behandeln wie wir uns selbst behandeln. Erkennen, dass alles untrennbar miteinander verbunden ist. Eine Ethik der Verbundenheit, nicht der Trennung, wie sie uns heute gelehrt wird.
Sie ahnen, welche Antwort ich meinem Sohn gegeben habe?
Nein, Religion mag Ethik sein. Es ist jedoch nicht unsere Ethik.
Muß ich Fragen falsch beantworten um keine schlechte Note zu bekommen?
Genaugenommen ging es um eine ganz spezielle Frage. In seiner Ethikarbeit wurde er gefragt, was die Christen zu Weihnachten feiern. Ihm war bewusst, dass die Leherin genau nur einen Satz als richtig akzeptieren würde, Die Geburt von Jesus. Würden Sie glauben, dass diese Antwort stimmt? Wie erklären Sie dann den Weihnachtsbaum, die Kerzen und den Baumschmuck?
Niemand weiss heute genau, wann Jesus geboren wurde. Es gilt jedoch als sicher, dass Jesus im Sommer auf die Welt kam. In der Bibel finden sich eindeutige Hinweise darauf. So lebten die Hirten, zur Zeit Jesu Geburt, mit ihren Herden im Freien. Was im Winter, aufgrund der Kält in Jerusalem, nie der Fall war.
Nur was hat es dann mit Weihnachten auf sich? Damit wäre ich wieder entfernt beim Thema Ethik. Unsere Vorfahren lebten im Einklang mit der Natur. Feste richteten sich nach ihr aus. Der 21. Dezember ist die Nacht der Wintersonnenwende. Der Zeitpunkt, an dem die Tage wieder länger werden. Wir feierten die Wiedergeburt von Baldur, dem Sonnengott, und das damit neu entstehende Leben das der grüne Weihnachtsbaum als Weltenesche symbolisierte. Er wurde mit den Gottheiten geschmückt und die Freude über das Leben gipfelte in einer 12 Nächte langen Feier. Wobei jede Nacht einem Monat entsprach. Es ist die Feier mit der bewusst gemacht wurde, dass der Tod nur Schein ist. Er ist die Ruhephase, der Schlaf vor dem Erwachen.
Welch ein wunderbares Fest!
Wie könnte solch ein Gedankengut aus den Köpfen einer Kultur verdrängt werden? Einzig, indem man sie ersetzt.
Mein Sohn weiss darum. Deshalb kam er in einen Konflikt. Er wusste, dass seine Antworten in Ethik nicht gefragt waren. So antwortete er auf die Frage genau mit dem Satz, den seine Lehrerin hören wollte. Und ich kann nicht einmal sagen, dass das falsch gewesen wäre. Auch wenn sich am Ende die Vergangenheit wiederholt. Die Leugnung der eigenen Wurzeln, die Aufgabe der Ethik, um Strafe zu entgehen. Nur was könnte ein kleiner Junge daran ändern?
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