Sie möchten Ihren Obstbaum vermehren? Wie das ganz einfach ohne Okulation oder Pfropfen geht, zeige ich Ihnen in diesem Artikel.
Obstbäume veredeln
Alles begann damit, dass ich die alten Apfel,- Kirsch,- und Pflaumenbäume auf unserem Olitätenhof vermehren wollte. Ich beschäftigte mich mit den verschiedenen Möglichkeiten der Veredlung. Grundsätzlich sind zwei Arten der Veredlung gebräuchlich. Die Okulation und das Pfropfen.
Okulation
Bei der Okulation wird ein Auge eines gewünschten Obstbaumes geschnitten und in eine Unterlage eingesetzt. Wenn Sie sich jetzt fragen, was eine Unterlage ist, so sei an dieser Stelle nur gesagt, dass es sich dabei um einen Baum der gleichen Gattung handelt. Sie bestimmt entscheidend die Größe, Standfestigkeit und die Lebenserwartung Ihres neuen Baumes. Eingesetzt wird das Auge meist in einen so bezeichneten T-Schnitt, bei dem das Kambium der Unterlage mit dem geschnittenen Auge verbunden wird.
Pfropfen
Beim Pfropfen wird ein Edelreis des zu vermehrenden Obstbaumes geschnitten und mit einer Unterlage zusammengefügt. Hierzu gibt es verschiedene Methoden, die massgeblich von Ihrem Geschick, der Jahreszeit und der Stärke der Unterlage abhängen. Genannt seien an dieser Stelle die Kopulation, seitiches Anplatten, Geißfußpfropfen, Rindenpfropfen oder das Spaltpfropfen.
Ein Pflaumenbaum treibt neu aus
Nachdem ich mittels Pfropfen und Okulation bereits einige Bäume auf unserem Grund veredelt hatte, kam es zu einem Erlebnis. In der Regel verwendete ich als Unterlage die bei uns wild wachsenden Pflaumen und Kirschbäume. Doch einen Apfelbaum gab es nie. Nun hätte ich eine Unterlage kaufen und anschliessend Okulieren oder Pfropfen können, doch schob ich dieses Ansinnen immer vor mir her. Bis eines Tages wieder einmal ein Pflaumenbäumchen den Kopf hängen liess, weil die Wurzel komplett von Wühlmäusen weggefressen war. Ich zog den abgenagten Holzstock aus der Erde und stellte ihn intuitiv in ein Wasserfass. Bereits nach wenigen Tagen bildeten sich aus dem Holz heraus neue Wurzeln. Wenn ein Pflaumenbaum dies fertigbrachte, warum nicht einfach meine Apfelbäume auf diese Art vermehren?
Vermehrung durch Stecklinge
Die Vermehrung sollte sehr einfach und der so erhaltene junge Baum schon recht kräftig sein. Ich hätte dazu einfach Edelreise schneiden und sie in Wasser stellen können. Ob das klappen würde, sei dahingestellt. Daher wählte ich eine andere Methode. Es ist nicht unüblich, dass Triebe einer Pflanze auf den Boden gebogen und mit Erde bedeckt werden, um sie zur Wurzelbildung zu bewegen. Das selbe Prinzip nutzte ich für die Vermehrung meiner Apfelbäume.
Sie können das ganz einfach selber durchführen. Dazu benötigen Sie eine Schere, einen 1 Kg Joghurtbecher, scharfes Messer, Alkohol, Klebeband, Erde, eine Schere und etwas Band.
Zuerst suchen Sie sich einen Zweig aus, der Ihr neuer Obstbaum werden soll. Am unteren Ende dieses Zweiges entfernen sie an einem kleinen Teil die Borke und den Bast, so dass das Kambium freigelegt ist. Das Messer sollte scharf und zuvor mit dem Alkohol desinfiziert sein. Den Joghurtbecher schneiden sie in der Mitte hälftig auf und setzen ihn um die freigelegte Schicht. Anschliessend kleben Sie den Joghurtbecher mit dem Klebeband zu und füllen Erde hinein. So wie Sie es auf dem Beitragsbild sehen können. Anschliessend müssen Sie nur noch regelmässig die Erde im Becher feucht halten. Sobald sich ausreichend Wurzeln gebildet haben, schneiden Sie den Zweig unterhalb des Joghurtbechers ab und pflanzen Ihren neuen Baum in einen größeren Topf um, bevor Sie ihn eine geeignete Stelle in Ihrem Garten gönnen.
Ein Freund machte mich auf seine Variante aufmerksam. Er schwört auf die Verwendung von einem aussergewöhnlichen Wurzelhormon. Probiert habe ich das nicht. Möchte es an dieser Stelle jedoch nicht verschweigen, denn seine mir gezeigten Erfolge sind beachtlich.
Growth Technology
Was Sie bei einer Stecklingsvermehrung beachten sollten
Die zuvor beschriebene Stecklingsvermehrung sollten Sie im Sommer durchführen. Es braucht ausreichend warme Temperaturen zur Wurzelbildung.
Es kommt immer wieder die Frage, ob der neue Obstbaum denn auch essbare Früchte tragen würde. Die Antwort ist: Ja. Er trägt sogar sehr frühzeitig und die Früchte unterscheiden sich kaum von dem Baum von dem der Edelreis stammt.
Wenn es aber so eine einfache Methode gibt, einen Obstbaum zu vermehren, weshalb findet man nur komplizierte Anleitungen? Nein, jetzt kommt keine Verschwörungstherie. Der Grund ist, dass Sie einen Clon von Ihrem Obstbaum angefertigt haben. Er ist genetisch nahezu vollkommen identisch mit dem Baum von dem der Zweig stammte. Clonen wird unterstellt, sie wären nicht so robust und anfälliger für Krankheiten. In der Praxis konnte ich das nicht verifizieren. Ganz im Gegenteil sind meine aus Stecklingen hervorgegangenen Apfelbäume sehr gesund und liefern einen hohen Ertrag. Wenn Sie also eine einfache Methode der Vermehrung suchen, dann versuchen Sie die hier vorgestellte Methode. Ihre Erfahrungen können Sie gerne in einem Kommentar schildern.
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Tilman meint
Sehr gut beschrieben!
Eine Frage:
Muss man unbedingt die Rinde abschälen?
Ich habe Angst, beim Anschneiden das Kambium zu verletzen und dann stirbt ja ggf. der restliche Zweig bevor er noch wurzeln konnte, oder nicht?
Kai Hagemeister meint
Ja, das kann gut sein. Wenn Du Bedenken hast, würde ich es einfach versuchen.
Franko meint
Ein steckling, ist generell ein klon.
Und der verfügt nicht fast über die eigenschaft des ursprünglichen baumes, sondern genau über diese.
Dies trifft auf alle vegetativen vermehrungsmethoden zu.
Abgesehen davon, bin ich mir relativ sicher das das hier beschriebene verfahren des abmoosens nichtmal ein steckling ist….
Den einzigen unterschied macht vermutlich der wasserdruck eines wildlings als unterlage.
Übrigens ist veredelung auch “klonen” ….
Bastlerschiri meint
Die hier ausführlich beschriebene Methode ist, wie mein Vorredner richtig erkannt hat, das Abmoosen. Dabei ist es wichtig auch das Kambium mit zu entfernen. Diese Lücke in der Versorgung un Richtung Wurzel(!) führt meines Wissens nach zu einer Ansammlung von Zucker aus dem Zweig. Diese Erhöhungen Konzentration induziert die Wurzelbildung. Der Zweig wird weiter über das Splintholz (unter dem Kambium) mit Wasser versorgt. Bleibt das Kambium am Zweig, bildet sich neue Borke und ggf. entstehen keine Wurzeln. Die Kirsche oder auch die Feige mögen da unkompliziert sein, aber wenn man z.B. Apfel oder Birne abmoosen will, muss man allere Register ziehen.
Makovec meint
Hallo Kai,
Ich brauche Hunderte von Stecklingen und suche eine Möglichkeit wie ich Sie mir beschaffe.
Gibt es bei euch jemanden der diese mengen liefern kann zum akzeptablem Preis bei Abnahme von Hunderten von Stecklingen. Überwiegend reden wir von Pflaumen und Quitten.
Bitte um email und Kontakt
Michael meint
Guten Tag Herr Hagemeister
Herzlichen Dank für den Beitrag über die Vermehrung von Stecklingen.
Funktioniert das auch bei einem Zwetschgen- oder Pflaumembaum?
Ilija meint
Habe einen alten Pflaumenbaum der sehr gute Früchte hat und möchte den mit Stecklingmetode vermehren (ales andere nicht gelungen).
Gert es mit Wurzelhormon?
danke