Das Veilchen war schon den alten griechischen Ärzten der Antike wohl bekannt. Dioskurides empfahl im ersten Jahrhundert das Veilchen zur Behandlung von Schlundmuskelentzündung, Epilepsie, durch Alkohol verursachten Kater sowie die Blätter als Breiumschlag bei Gastritis und Mastdarmvorfall.
Im Mittelalter findet man das Veilchen in den meisten Kräuterbüchern. Allen voran in der Causae et Curae der von mir oft zitierten Äbtissin Hildegard von Bingen und dem New Kreutterbuch des von mir hoch geschätzten Landsmanns Hieronymus Bock. Letzterer empfiehlt 1565 das Veilchen bei allen hitzigen Krankheiten, gegen Epilepsie der Kinder, Seitenstechen. Äußerlich soll ein aus Veilchen geflochtener Kranz bei durch Trunkenheit verursachten Kopfschmerzen hilfreich sein. Bocks Schüler, Jacobus Theodorus, der sich selber Tabernaemontanus nannte, schrieb 1588 über das Veilchen:
50 Jahre später schrieb Matthiolus über die beruhigende, einschläfernde Wirkung des Veilchens und dessen hilfreiche Verwendung bei Brustleiden, Geschwüren, Augenentzündung und Harnbrennen. In den nachfolgenden Jahrhunderten verlor das Veilchen als Heilpflanze zusehends an Bedeutung bis Pfarrer Kneipp es wieder in’s Bewußtsein rückte und als Expektorans bei Husten, Keuchhusten und Dyspnoe empfahl. Heute hat das Veilchen kaum noch eine Bedeutung. Lediglich die durch Pfarrer Kneipp beschworene Verwendung als auswurfförderndes Mittel oder die Verwendung als Schluckdroge ist noch im Gebrauch. Es scheint verwunderlich, dass eine Heilpflanze wie das Veilchen, mit der man über die Jahrhunderte sehr gute Erfahrungen gesammelt hat, heilkundlich in Vergessenheit geraten ist.
Neben der Verwendung als Heilpflanze, nimmt das Veilchen in der Dichtung und in der Gunst des Volkes einen Platz ein, der nur noch duch die Rose übertroffen wird.
Veilchen Botanik
Das wissenschaftlich als Viola odorata bezeichnete Veilchen, ist eine Pflanze aus der Familie der Veilchengewächse zu denen auch das wilde Stiefmütterchen gehört. Neben dem hier beschriebenen Veilchen, das auch als März-Veilchen bezeichnet wird, gibt es auch das Sumpf-Veilchen, Viola palustris, das Wald-Veilchen, Viola reichenbachiana, das Hain-Veilchen, Viola riviniana und das Hunds-Veilchen, Viola canina. Letzteres verdankt seinen Namen der Ansicht, dass dieses geruchlose Veilchen weniger wertvoll sei, so dass es meist nur zur äusserlichen Anwendung in Form von Bädern empfohlen wurde. Bei dem von den alten griechen beschriebenen Veilchen, handelt es sich um das am wohlriechendste März-Veilchen, das eine ausdauernde, krautige, bis zu 15cm hohe Rosettenpflanze mit oberirdischen Ausläufern und einzelnen, lang gestielten, grundständigen, 2 cm langen, dunkelvioletten, stark duftenden Blüten ist. Die Blätter sind wurzelständig, langgestielt, rundlich bis eiförmig, am Rand gekerbt und fast glatt. Im Anfangsstadium sind die Blätter des Veilchens tütenförmig eingerollt.
Bezeichnungen
Der Name Veilchen bezeichnet eigentlich keine Art sondern eine Gattung, zu der verschiedene Arten gehören, wie sie unter Botanik bereits aufgeführt wurden. Das hier beschriebene Veilchen wird wissenschaftlich als Viola odorata bezeichnet, wobei der Artname odorata auf den wohlriechenden Duft des Veilchens verweist. Der Gattungsname Viola soll nach Madaus eine lateinische Verkleinerungsform des griechischen Wortes ion darstellen. Einer Sage zufolge sollen ionische Nymphen das Veilchen dem Ion bei der Gründung Athens dargebracht haben.
Der Deutsche Name Veilchen ist eine direkte Entlehnung der lateinischen Bezeichnung Viola. Der oft auch gebrauchte Name Wohlriechendes Veilchen ist somit eine Übertragung der wissenschaftlichen Bezeichnung Viola odorata in’s Deutsche. Weitere Namen für das Veilchen sind Märzveilchen, Märzwohlgeruchsblume, Veicherln, Vallalaa oder Jungfrauenblüte.
Indikationen
Das Veilchen wird traditionell zur Behandlung von harten, bellenden Husten, Keuchhusten, Bronchialkatarrh, Tuberkulose, Dyspnoe (Atemnot), Kopfschmerzen, Migräne, Angina, Chlorose, Anämie, Milchschorf, Gicht, Podagra, entzündeter Mundschleimhaut, ekzematöse Veränderung der Haut, Gürtelrose, Gesichtsrose und trockener Haut verwendet. Darüber hinaus wird Veilchen als blutreinigend und beruhigend beschrieben, so dass es ebenfalls bei Hysterie, Hypochondrie, Herzklopfen mit Angstgefühl und Atemnot, Kinderkrämpfen, nervöser Überreizung und Einschlafstörung verwendet wurde.
Verwendung in der Homöopathie
In der Homöopathie wird das Veilchen nach Kosch bei Ohrenschmerzen, Augenschmerzen, Schwachsichtigkeit, Myopie, Chorioiditis, Flimmerskotom, Hysterie, Herzklopfen, Angstgefühlen, rheumatischen Schmerzen der kleinen Gelenke, Maserhusten, Keuchhusten, Bettnässen, Würmern, Exanthemen, Ekzemen, Skrofulose, Chlorose, Rose, Anämie und Entzündung der Mundschleimhaut eingesetzt. Äußerlich bei Quetschungen, Verrenkungen, Verhärtungen sowie bei Augen- und Liderkrankungen.
Veilchen Anwendung und Wirkung
Das Veilchen ist eine alte Gartenpflanze. Man findet es an Hecken, Zäunen, auf schattigen Wiesen und an Waldrändern. Verwendet werden die dunklen Blüten, die von März bis April ohne Kelch gepflückt und vorsichtig im dunkeln getrocknet werden. Die Veilchenblätter und der Wurzelstock werden ebenfalls in der Volksheilkunde verwendet. Erstere werden am Wurzelstock abgepflückt, gesäubert und anschließend an einem luftigen Ort getrocknet. Der Wurzelstock stellt laut Kosch eine Saponindroge dar. Die Veilchnwurzel kann danach die Ipecacuanha voll ersetzen. Sowohl was die auswurffördernde Wirkung angeht als auch die brecherregende Wirkung bei Überdosierung.
Aus den Veilchenblüten wird in der Regel ein Veilchensirup bereitet. Aus Veilchenblüten und Veilchenblättern wird meist ein Veilchentee bereitet. Tabernaemontanus empfiehlt darüber hinaus Veilchensaft, Veilchenwasser, Veilchen-Cocktail, Veilchenzucker, Veilchenbonbons, Veilchenöl, Veilchenhonig, Veilchenessig.
Veilchentee
Für einen Veilchentee werden die Vielchenblätter oder eine Mischung aus Veilchenblättern und Veilchenblüten verwendet. Ein Teelöffel Veilchen wird mit 200ml kochenden Wasser übergossen und 15 Minuten in einem verschlossenen Gefäß ziehen gelassen. Kosch empfiehlt täglich 3 Tassen von diesem Tee, bei den meisten unter Indikationen aufgeführten Beschwerden. Ein Veilchentee aus der Veilchenwurzel sollte nicht mehr als einen halben Teelöffel Veilchenwurzel auf 200ml Wasser enthalten. Auch sollten nicht mehr als 3 Tassen täglich davon eingenommen werden. Höhere Dosierungen wirken brecherregend.
Zur Behandlung von Lungenkatarrh wird der Veilchentee statt mit Wasser mit Milch, mind. 3,5% Fettanteil, gekocht. Bei Keuchhusten, Atemnot und Blähbauch durch angesammelte Gase sollte ein Veilchentee aus 10g Veilchenblättern und 250ml Wasser bereitet werden.
Bei Kopfschmerzen hat sich eine Teemischung aus Wasserminze und Veilchen im Verhältnis 1:1 bewährt. Dieser Veilchentee ist auch hilfreich als Auflage oder zum Gurgeln bei Angina.
Zur Behandlung von Gicht werden 100g Veilchenwurzel und Veilchenblätter in 1 Liter Essig zerdrückt und gekocht und anschliessend in Form von Auflagen verwendet.
Veilchensirup
Einen Veilchensirup erhält man durch einkochen von einer handvoll frischer Veilchenblüten in Zucker und Wasser. Tabernaemontanus empfiehlt Veilchensirup vor allem bei Katarrhen der Brust aber auch bei Heiserkeit. Insbesondere wenn die Beschwerden mit Hitze, großen Durst und Verstopfung einhergehen. Bei Heiserkeit der Kinder soll ein Stück Süssholz in Veilchensirup getränkt und dem Kind zum saugen gegeben sehr hilfreich sein.
Veilchenwasser
Zur Herstellung von Veilchenwasser werden die frischen, geöffneten Veilchenblüten in Wasser destilliert ? zum kochen gebracht und der Wasserdampf aufgefangen. Veilchenwasser kann anschließend mit Branntwein vermischt werden.
Veilchensaft
Für einen Veilchensaft sammelt man so viele frische Veilchenblüten wie nur möglich. Aus den blauen Veilchenblättern wird der Saft durch auspressen gewonnen. Den Veilchensaft mischt man im Verhältnis 1:2 mit aufgekochten Zucker ? Zucker wird mit etwas Wasser zum kochen gebracht bis eine dickflüssige Zuckerlösung entsteht. Veilchensaft und Zucker werden anschließend vermischt und nochmals aufgekocht. Dabei wird der entstehende Schaum abgeschöpft um die Haltbarkeit des Veilchensaftes zu erhöhen. Der so erhaltene Veilchensaft wird vornehmlich bei Kindern eingesetzt.
Veilchen-Cocktail
Für einen Veilchen-Cocktail werden 500ml Veilchenwasser mit 250g Zucker zum kochen gebracht und nach dem Erkalten wird ein Eiweiss untergezogen. Aufgrund von Salmonellen ist diese Empfehlung aus dem Mittelalter nicht mehr ganz unbedenklich. Zumal es auch nicht wirklich lecker klingt. Trotzdem wollte ich das Rezept dem interessierten Leser nicht vorenthalten.
Veilchenbonbons
Für Veilchenbonbons wird Veilchenwasser oder reiner Veilchensaft mit Zucker in einer Pfanne zerlassen und anschließend in die gewünschte Bonbonfrom gegeben.
Veilchenöl
Für ein Veilchenöl werden die junge Veilchenblüten mit Olivenöl übergossen, bis sie vollkommen mit Öl überdeckt sind. Anschließend wird das Öl 10 Tage in die Sonne gestellt (öfters umschütteln). Anschließend durchseien und die Blüten gut auspressen. Nochmals mit frischen Veilchenblüten auffüllen und wiederum 10 Tage in der Sonne stehen lassen, dann durch ein Sieb geben, die Blüten wiederum auspressen und den Schritt ein drittes mal wiederholen.
Vereinzelt findet man auch den Ratschlag, das Öl nach jedem Arbeitsschritt mit den Veilchen kurz aufzukochen.
Veilchenessig
Veilchenessig erhält man, durch übergießen von leicht ausgedörrten Veilchenblüten mit Wein oder Weinessig. Anschließend lässt man den Essig 4 Wochen an einen warmen Ort stehen. Zum Schluss wird abgeseiht. Veilchenessig wird traditionell als herzstärkend beschrieben.
Veilchenhonig
Für einen Veilchenhonig nimmt man 500g Veilchenblüten ohne Kelch und zerstösst sie in einem Mörser. Anschliessend werden die Veilchen mit 3 Pfund flüssigen Honig, beispielsweise Akazienhonig, übergossen. Den Honig lässt man 2 Wochen in der prallen Sonne stehen, bevor man ihn verwendet. Veilchenhonig wird traditionell als gutes Mittel zur Linderung von trockenen Husten empfohlen.
Rezepte nach Madaus 1938
Veilchen bei Pertussis (nach Kroeber):
- Rp.:
Veilchen zur Blutreinigung (nach Zimmermann):
- Rp.:
Veilchen bei Husten und Keuchhusten:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt 1,6 g. Der Tee kann auf Grund dieser Befunde heiß oder kalt hergestellt werden unter Verwendung von etwa 1 Teelöffel voll auf 1 Teeglas.).
Veilchen bei Tussis (nach Peyer):
- Rp.:
Veilchen bei nervöser Überreizung, Schlaflosigkeit und Hysterie (nach O. Schmidt):
- Rp.:
Veilchen in der evidenzbasierten Medizin
In der evidenzbasierten Medizin spielt das Veilchen keine Rolle. Man billigt dem Veilchen allenfalls schleimlösende und auswurffördernde Eigenschaften aufgrund der im Veilchen enthaltenen Saponine zu. Den aus den Veilchenblüten überlieferten Rezepturen spricht die evidenzbasierte Medizin, trotz jahrhundertelanger positiver Erfahrungen, jegliche Wirkung ab. Massgeblich für diese Anschauung ist das Fehlen von Saponinen in den Veilchenblüten. Vorstellbar wäre aus Sicht der evidenzbasierten Medizin eine nervenberuhigende Wirkung aufgrund der Duftstoffe.
Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
Bei massvoller Verwendung sind keine Nebenwirkungen bekannt.
Veilchen Anbieter und Preis
Veilchen kann man selber sammeln. Sie sind leicht zu erkennen und es besteht kaum eine Verwechslungsgefahr. Wer sie lieber kaufen möchte, der kann 100g Veilchenblätter für durchschnittlich 6,50 Euro im Kräuterhandel kaufen. 100g Veilchenblüten werden für 15 Euro zum Kauf angeboten. 100g Veilchenwurzel erhält man bereits für 7 Euro. 100ml Veilcheblättertinktur kann man im Kräuterhandel für durchschnittlich 8,50 Euro kaufen.
Inhaltsstoffe
Saponine, Salicylsäuremethylester, Methylsalicylat, Zucker, Apfelsäure, Salicylsäure.
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