In den Schriften des Altertums sucht man das Stiefmütterchen vergeblich. Fündig wird man erst in den frühneuzeitlichen Kräuterbüchern. So schreibt Otto Brunfels 1532 über das Stiefmütterchen:
1625 schrieb Jacobus Theodorus Tabernaemontanus über die blutreinigenden Eigenschaften des Siefmütterchens und dessen heilsame Verwendung bei Hautkrankheiten. Auch sonst begegnen einem die bis in unser Jahrhundert hinein bekannten Anwendungen des Stiefmütterchens bei Milchschorf, Keuchhusten oder fieberhafte Erkältungserscheinungen.
Botanik
Das Stiefmütterchen, das zur Familie der Veilchengewächse gehört, ist ein auf Wiesen, Brachfeldern, Berghängen, Äckern, Ödland, an Waldrändern und Gärten anzutreffendes, bis zu 30 cm hohes, von April bis Oktober blühendes, einjähriges Kraut. Der Stengel ist einfach oder verästelt, liegend oder aufrecht, hohl, scharfkantig und meist mit kurzen Haaren bedeckt. Die wechselständigen Blätter sind lang gestielt, länglich rund bis eiförmig, bisweilen langgezogen oder auch herzförmig, meist stumpf und schwach gekerbt, häufig kurz behaart und mit grossen fiederteiligen Nebenblättern versehen. Die fünfzähligen, einzeln auf hohem Stengel stehenden, achselständigen Blüten des Stiefmütterchens sind weißlich, gelblich oder blau. Oft erscheint die Blüte auch dreifarbig in der Art, dass die beiden oberen und die beiden mittleren, sowie das unterste jeweils eine Farbe haben.

Bezeichnungen
Bei einer im Späten Mittelalter so verbreiteten Heilpflanze wie dem Stiefmütterchen ist es nicht verwunderlich, dass sich die Sagenbildung ihr annahm. So findet man heute die verschiedensten sinnigen und unsinnigen Benennungen. So bezeichnete man es als Dreifaltigkeitskraut oder Freisamkeit (althochdeutsch freisaGefahr). Letztere Bezeichnung verweist auf den abergläubischen Gebrauch des Stiefmütterchens gegen Gefahr, Schrecken und Verderben. Weitere Bezeichnungen sind Schöngesicht, Mädchenaugen, Ackerveilchen, Tag- und Nachtblümlein, Veigele, Schwigerli oder Schwögerli.
Eine originelle Erklärung gibt es für die in Deutschland gebräuchlichste Bezeichnung Stiefmütterchen. Aufgrund der Fünfblättrigkeit wurde die Blüte in Vergleich mit Stühlen gesetzt. Die beiden oberen Blütenblätter entsprechen zwei Stühlen, welche von der selbstsüchtigen Schwiegermutter beschlagnahmt werden. Die beiden darunter liegenden Blätter sind für die eigenen Töchter reserviert. Der letzte Stuhl, das untere, einzeln stehende Blatt, wird dem hinten anstehenden Stieftöchterchen überlassen.
Wissenschaftlich bezeichnet man das Stiefmütterchen als Viola tricolor. Der Gattungsname Viola entstammt der griechischen Mythologie. Danach verwandelte Zeus seine geliebte Io in eine silberglänzende Kuh, um sie vor der Rache seiner Gattin Hera zu schützen. Ios Nahrung bildete eine nicht genau definierte Vielchenart (ion ? Veilchen). Der Artname tricolor weist darauf hin, dass es sich beim Stiefmütterchen um eine Pflanze mit dreifarbiger Blüte handelt (tria ? drei; color ? Farbe).
Indikationen
Stiefmütterchen wird traditionell zur Behandlung von chronischen Hautausschlägen, Milchschorf, Kopfgrind, Gesichtsekzemen, Frieseln, Flechten, Blasenkartarrh, Rheuma, Fieber, Magenverstimmung und Akne verwendet.
Stiefmütterchen Anwendung und Wirkung
Verwendet werden die im Sommer gesammelten Blüten und Blätter des Stiefmütterchens.
Stiefmütterchentee
Für die meisten Anwendungen bereitet man einen Stiefmütterchentee. Am besten mischt man für diesen Tee Stiefmütterchen mit Hirtentäschel, Hühnerdarm, Tausendgüldenkraut und Zinnkraut zu gleiche Teilen und trinkt ihn mit Milch. Der Tee wirkt blutreinigend, leicht abführend und schweisstreibend. Von diesem Stiefmütterchentee trinkt man täglich ein bis zwei Tassen schluckweise. Er regt die Hauterneuerung an und wird traditionell als hilfreich beschrieben bei Hautleiden wie Ekzemen oder Flechten. Darüber hinaus bei Blasenkartarrh, schmerzhaften Urinieren oder Brennen in der Blase.
Reinen Stiefmütterchentee sollte man nur in kleinen Mengen und nicht über einen längeren Zeitraum zu sich nehmen. Stiefmütterchentee ist bei Überdosierung brecherregend und wirkt abführend.
Dekokt
Ein Dekokt aus 50g Stiefmütterchenkraut und 1 Liter Wasser benutzt man als Waschmittel und Auflage bei chronischen Hautausschlägen, Milchschorf und Kopfgrind.
Stiefmütterchentinktur
Zur Bereitung einer Stiefmütterchentinktur mischt man Stiefmütterchensaft mit Alkohol zu gleichen Teilen siehe Herstellung einer Tinktur und verabreicht sie tröpfchenweise bei Fieber oder Ausschlag.
Stiefmütterchen in der Homöopathie
In der Homöopathie verabreicht man Stiefmütterchen bei Milchschorf, Augenentzündung, Ekzemen, Juckreiz, und Entzündung der Harnwege.
Stiefmütterchen in der heutigen Medizin
Stiefmütterchen wird innerlich und äusserlich bei leichten Hauterkrankungen mit Schuppenbildung eingesetzt. Die für die Wirkung verantwortlichen Inhaltsstoffe sind bis heute nicht bekannt.
Aufgrund der im Stiefmütterchen enthaltenen Salicylsäurederivate und Schleimstoffe scheint eine eintzündungshemmende, schleimlösende und Hustenreiz lindernde Wirkung plausibel.
Anbieter und Preis
Wie bei nahezu allen heimischen Heilpflanzen und Heilkräutern gilt auch hier die Empfehlung, Stiefmütterchen in der Sommerzeit selber zu sammeln und zu verarbeiten. Wer Stiefmütterchen nicht selber sammeln kann oder mag, kann Stiefmütterchen in allen Variationen im Kräuterfachhandel kaufen. Stiefmütterchenkraut gibt es bereits ab einem Preis von 4 Euro je 100g. In Bioqualität liegt der Preis bei ca. 6 Euro. Stiefmütterchenblüten bietet der Kräuterfachhandel zu einem Preis von ca. 6 – 9 Euro. In Bioqualität kann man Stiefmütterchenblüten zu einem Preis von ca. 9 – 14 Euro je 100g kaufen. Der Preis für eine Stiefmütterchenkrauttinktur liegt zwischen 5 und 9 Euro je 100g.
Inhaltsstoffe
Salicylsäure und ihre Derivate, Polysaccharide, Flavonoide wie Rutin, Scoparin, Violanthin und Vitexin, Hydroxycumarine, Kaffeesäure, Cumarsäure, Gerbstoffe, Peptide.
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