Der Baldrian wurde bereits von den hippokratischen Ärzten als hochgeschätzte Heilpflanze beschrieben. Später bezeichnete der römische Gelehrte Plinius den Baldrian als Nardus gallicus. Die Germanen weihten ihn und die Kamille dem Donar woraus sich spätere Bezeichungen wie Baldurskraut, Donarwurz oder Donnerjan ableiteten. Baldrian wurde als unfehlbares Schutzkraut gegen Teufel Hexen und Dämonen gerühmt, das jegliches Unglück fern hält und die Liebe zu erwecken vermag.
So schreibt Hieronymus Bock über den Baldrian:
Interessant ist, dass diese Heilpflanze bis ins Mittelalter hinein bei einer Vielzahl von Beschwerden eingesetzt wurde. Eine Verwendung als Nerven beruhigendes Mittel, wie sie heute propagiert wird, ist den frühen Überlieferungen jedoch nicht zu entnehmen.
Otto Brunfels schreibt über den Baldrian:
Im 16. Jahrhundert wurde der Botaniker Fabio Colonna auf den Baldrian aufmerksam. Fabio Colonna litt an Epilepsie und machte sich in den Werken des Dioskurides auf die Suche nach einer Pflanze, die ihm Heilung bringen sollte. Dioskurides beschrieb die Baldrianwurzel als hilfreich zur Behandlung von Epilepsie so dass Fabio Colonna mit Selbstversuchen begann. Im Ergebnis berichtet Colonna über Erleichterung, heilen konnte er die Epilepsie jedoch nicht. Nach Colonna empfahlen den Baldrian auch Riverius, Panaroli, Quarin, Haller, de Hean und besonders Tissot zur Behandlung von Epilepsie. Tissot behauptete sogar: Wo der Baldrian nicht hilft, da ist die Epilepsie nicht heilbar. Juncker empfahl den Baldrian zur Behandlung von Typhus und setzte ihn der virginischen Schlangenwurzel gleich. Mead bemerkte dass der Baldrian vielmehr eine herzstärkende und Nerven belebende Kraft besitze.
Erst der Arzt Hufeland schreibt im Jahre 1825:
Dessen ungeachtet schreibt Ernst Stapf 1836 über den Baldrian:
So manche veraltete, erst recht eingewurzelte Magen- und Unterleibskrämpfe, – unheilbare Hysterien und Hypochondrien, – manche Gemüthsverstimmungen, in denen plötzliche Übergänge zu den extremsten Empfindungen und Affekten obwalten … mögen wohl eher den zu grossen Gaben und dem zu lange fortgesetzten Gebrauch des Baldrians als dem ursprünglichen Leiden ihre Entstehung und Fortpflanzung zu verdanken haben.
Botanik
Der zur Familie der Baldriangewächse gehörende Baldrian ist eine kräftige, ausdauernde, bis zu einen Meter hohe Pflanze mit starken Wurzelstock, schlanken hohen Stengel, gefiederten Blättern und kleinen hellroten Blüten, die in doldenartigen Blütenständen zusammenstehen.
Bezeichnungen
Die Bezeichnung Baldrian lässt vermuten, dass die Pflanze mit dem germanischen Lichtgott Baldur in Verbindung steht. Zumal die Endung jan Bezug auf den Evangelisten Johannes, den christlichen Ersatzmann des heidnischen Baldur nehmen könnte. Das ist jedoch eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass das Wort Baldrian dem mittelalterlich-lateinischen Wort Balerianus entlehnt ist. Der Ursprung für die Bezeichnung Baldrian könnte aber auch der arabischen Sprache entnommen sein. In einer Übersetzung eines Werkes des arabischen Arztes Isaac Judaeus tauchte der Name Baldrian erstmals auf. Auch könnte der Name einen Bezug zur Provinz Baleria darstellen.
Wissenschaftlich bezeichnet man den Baldrian als Valeriana officinalis. Die Gattungsbezeichnung Valeriana kann auf das lateinische valere zurückgeführt werden, was soviel bedeutet wie wert sein, gesund sein. Die Gattungsbezeichnung bezieht sich somit auf die geschätzte Heilkraft der Pflanze. Wohingegen officinalis mit gebräuchlich, heilkräftig überetzt werden kann.
Indikationen
In der Volksheilkunde wurde Baldrian als Nerventee gegen nervöse Beschwerden, zur Beruhigung, bei Wechseljahresbeschwerden, Hysterie, Schlaflosigkeit, Krämpfen im Magen, Darm und Unterleib, zum Entwässern, bei Fieber und Würmern verabreicht. Baldrian galt als Nervenmittel des weiblichen Geschlechts. Darüber hinaus nutzte man Baldrian bei geistiger Überanstrengung, nervösen Herzleiden, Koliken, Blähungen, Durchfall, Unterleibsspasmen und Diabetes zur Verminderung von Polyurie, Polydipsie und Azoturie.
Baldriantinktur nutzte man als analeptisches Mittel bei Schwindel, Ohnmacht, Blutwallung, Kopf- und Magenschmerzen mit einhergehender Übelkeit.
Baldrian in der Homöopathie
In der Homöopathie verabreicht man Baldrian bei zuckenden und krampfhaften Schmerzen in den Gliedern, Überempfindlichkeit der Nerven, Aufregung, Unruhe, Furcht, Hypersensibilität, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Schwindel, Magenkrämpfen, Koliken, häufigen Harndrang und Neigung zu Sinnestäuschungen.
Baldrian Anwendung und Wirkung
Vom Baldrian nutzt man den Wurzelstock den man im Herbst (September – Oktober) ausgräbt, von Blättern und Stengelresten befreit, wäscht und trocknet. Aus der Wurzel bereitet man einen kalten Aufguss, einen Tee oder eine Baldriantinktur. Alternativ kann das getrocknete Wurzelpulver eingenommen werden.
Baldriantee
Für einen Tee überbrüht man einen Teelöffel Baldrianwurzel mit 150ml kochenden Wasser und lässt den Tee 15 Minuten ziehen. Der Tee schluckweise getrunken lindert nervösen, einseitigen Kopfschmerz, Blutdrang zum Kopf, mindert Ängste und durch Blähungen verursachte Krämpfe. Darüber hinaus wird er traditionell bei allen unter Indikationen aufgeführten Beschwerden verordnet. Bei Schlaflosigkeit nahm man eine halbe Stunde vor dem zu Bett gehen eine Tasse Tee ein.
Zur Behandlung von Unterleibsschmerzen dienten Einläufe und zusätzlich zwei bis vier mal täglich 1 bis 2 g Baldrianpulver oder Baldriantee. Im Fall von Tee, wurde dieser aus 4g Wurzelpulver und einem halben Liter Wasser bereitet. Nach 2 bis 3 Wochen wurde Baldrian durch Melisse oder Raute ersetzt und später wieder zurück gewechselt. Man nahm an, dass andernfalls ein gegenteiliger Effekt eintreten könnte und die Sehkraft geschwächt würde. Um Verstopfung entgegenzuwirken wurde empfohlen, gleichzeitig jeden Tag eine Tasse Tausendguldenkrauttee zu trinken.
Den Tee nutze man äusserlich auch zu Waschungen. Beispiesweise nervösen Augenleiden.
Baldriantee mit Wermt oder Ehrenpreis galt als ausgezeichneter Tee bei ängstlichen und tiefsinnigen Zuständen.
Baldriantinktur
Eine Tinktur erhält man indem man 200g zerkleinerte Baldrianwurzel in einem Liter Spiritus mazeriert. Alternativ kann eine Tinktur wie unter Herstellung einer Baldriantinktur beschrieben, erstellt werden. Die Tinktur wurde traditionell bei allen unter Indiaktionen beschriebenen Beschwerden empfohlen – bis zu 30 Tropfen täglich.
Dekokt
Für einen Dekokt wurden 10g Baldrianwurzel mit 160ml Wasser gekocht. Der Dekokt wurde in Form von Klistieren bei Würmern, Unterleibskrämpfen, Ruhr und Durchfällen verabreicht.
Baldrianwurzelpulver
Baldrianwurzelpulver hat die selbe Wirkung wie Baldriantee. Traditionell verabreichte man zwei bis vier mal täglich 1 bis 2g.
Kaltauszug
Für einen Kaltauszug nimmt man einen Teelöffel Wurzel auf ein Glas Wasser und lässt sie 24 Stunden an einem warmen Ort mazerieren.
Badezusatz
Für einen Badezusatz werden 100g Baldrianwurzel in 3 Litern Wasser 15 Minuten lang gekocht. Die gefilterte Flüssigkeit stzt man dem Badewasser zu. Ein Badezusatz aus Baldrian wird als beruhigend beschrieben.
Baldrian in der heutigen Medizin
Baldrian ist heute das am häufigsten verwendete Beruhigungmittel bei Unruhezuständen und daraus resultierenden Schlafstörungen. Dafür werden Präparate in allen nur erdenklichen Formen im Handel angeboten. Auch bei krampfartigen Schmerzen im Magen- Darm-Bereich wird Baldrian auch heute noch eingesetzt. Bisher konnte man keine Substanz isolieren, die für die Wirkung verantwortlich ist. Ähnlich wie beim Reishi und vielen anderen natürlichen Stoffen ist es das Zusammenspiel vieler Wirkstoffe, die eine Wirkung entfalten.
Anbieter und Preis
Baldrianprodukte gibt es in allen Formen und nahezu überall zu kaufen. Im Kräuterfachhandel kann man Baldrianwurzel zu einem durchschnittlichen Preis von 4 Euro kaufen. Baldrianwurzeltinktur gibt es für durchschnittlich 6 Euro im Kräuterhandel zu kaufen. Alternativ kann man Baldrianwurzeln im Herbst selber sammeln. Man findet Baldrian bevorzugt auf feuchten Wiesen, an Gräben, Bächen und Waldrändern.
Inhaltsstoffe
Ätherisches Öl mit Bornylacetat und Bornylisovalerianat als Hauptbestandteilen, Glykoside wie Chatinin und Valerin, Schleim, Sesquiterpene wie Valeranon, Camphen und Caryophyllen, Zucker, Stärke, Harz, Lipase, Oxydase, Essigsäure, Ameisensäure, Apfelsäure, Baldriangerbsäuren.
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