Es ist noch nicht lange her, da galt der Misthaufen vor dem Haus als Massstab für den Reichtum seines Besitzers. Man zeigte ihn stolz und präsentierte ihn vor dem Haus. Der reichste Bauer hatte den größten Misthaufen.
Die Zeiten haben sich geändert. Was man heute über jemanden denkt, der einen riesigen Misthaufen vor der Tür liegen hat, brauche ich wohl nicht weiter ausführen. Zumindest in den meisten Dörfern, die leider zum Großteil ihren bäuerlichen Charakter verloren haben. Leider liegt auch der Olitätenhof am Rande solch eines Dorfes und ist mit Nachbarn, die ich liebevoll als Füdlibürger bezeichnen möchte, gesegnet. Falls Du Dich fragen solltest, was ein Füdlibürger ist, so kann ich Dir nur eine äussere Beschreibung bieten, denn wirklich verstehen kann ich diesen Schlag Menschen nicht. Obwohl er mittlerweile die Norm zu bilden scheint. Da es hier letztendlich um meinen großen Misthaufen geht, versuche ich auch nur den Bezug eines Füdlibürgers zu meinem Misthaufen zu offenbaren. Nur lasst mich zuvor etwas ausholen um mich zu erklären, welche Bedeutung mein Misthaufen für mich hat. Habt Ihr Euch schon einmal gefragt, was Erde ist?
Wer sich die Zeit nimmt und Vorgänge in der Natur betrachtet, dem wird schnell der Wert von, nun wie soll ich es geschönt ausdrücken, Mist, Losung, Stuhl, Stoffwechselendprodukt oder nennen wir es doch einfach beim Namen Schei…, bewußt. Sie bildet einen zentralen Bestandteil des natürlichen Kreislaufs. Sie wird gemein hin als Ende betrachtet und ein Füdlibürger hält es für eine saubere Sache, sie in einem geheimen Örtchen, scheinbar hygienisch hinfortzuspülen. Sie auf dem Boden zu entdecken ist ein Graus für ihn. Ich versichere Euch, dass diese Aussage keineswegs übertrieben ist. Durfte ich mir doch schon Hasspredigten anhören, weil eines meiner Hühner in ein kleines Vorbeet gekackt haben sollte. Dabei war sich das Huhn keiner Straftat bewusst. Auch wollte es nach einem intensiven Verhör die Straftat nicht gestehen und schon gar nicht einsehen dass es überhaupt eine wäre. Zumindest konnte ich es davon überzeugen, dass es den Olitätenhof nicht mehr verlässt. Zumal ich die Hinterlassenschaften des Huhns auf meinem Hof sehr schätze, wenn sie auch nur einen kleinen Beitrag zu meinem Misthaufen darstellen.
Nun, um es kurz zu machen. Ein Misthaufen ist ein zentraler Bestandteil in der Permakultur. Pflanzen nehmen Nährstoffe aus dem Boden auf. Tiere fressen Pflanzen und scheiden die Endprodukte aus, aus denen anschliessend wieder nährstoffreicher Boden wird. Man kann davon ausgehen, dass jeder Fleck fruchtbare Erde auf dem wir laufen, irgendwann einmal aus diesen Ausscheidungsprodukten entstanden ist. Diese Ausscheidungsprodukte dem Kreislauf zu entziehen, bedeutet, das Leben zu entziehen. Ein Mishaufen bedeutet also pures Leben. Er ist nicht das Ende und auch nicht das Endprodukt. Er ist der Anfang.
Ich gebe zu, den meisten Menschen wurde in unserer Zeit ein Ekel gegen Mist anerzogen. In Mist den Wert zu erkennen, der ihm gebührt ist daher für diejenigen die ihn erkennen, meist ein Entwicklungsprozeß. Nicht selten beginnt er mit einer Komposttoilette. Eine gewisse Abneigung gegen einen Misthaufen zu zeigen zeichnet daher sicher auch noch keinen Füdlibürger aus und so habe ich auf unserem doch recht großen Olitätenhof den einzigen direkten Nachbarn, unsere Füdlibürger, auch von dem Anblick verschont. Was diese Nachbarn diese Ehrenbezeichnung zukommen lässt, ist ihr andauernder Kampf gegen die Natur. Sie sind permanent bemüht, ein Kunstgebilde zu erhalten, das ohne sie keinen Monat lang bestehen könnte. Der Rasen akurat gemäht, selbst Rasenkanten werden millimetergenau geschnitten. Erde darf nirgends erscheinen, andersdenkende Menschen mit allen armseligen Mitteln bekämpft. Man fühlt sich an Pleasantville erinnert und dieses krankhafte Verhalten wird als Norm angesehen. Dabei steht es diametral entgegengesetzt zur Permakultur, in der Kreisläufe erkannt und mit geringsten Aufwand genutzt werden.
Dazu gehört bei mir auch der Misthaufen. Er wird bis zum Frühjahr anwachsen und ich bin sicher, es wird der größte hier im Umkreis sein. Nun gut, wahrscheinlich ist es der Einzige, so dass letztere Aussage keine Herausforderung sein wird, sie zu erfüllen. Im zeitigen Frühjahr wird der Misthaufen mit EM geimpft und mit einer Plane abgedeckt. Was dann entsteht, ist ein phantastisches Beet für Starkzehrer. Um das zu garantieren, enthält der Misthaufen ein ungefähres Mischungsverhältnis von 1:1 tierischer und pflanzlicher Abfälle und selbst hergestellte Holzkohle. Nun noch das versprochene Bild von unserem diesjährigen Misthaufen, der noch bis zum Frühjahr anwachsen wird.
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Kathleen Ruhling meint
Ja, lieber Kai, Du musst nicht denken, dass die sogenannten Füdlibürger nur Deine Wege kreuzen, nein ganz im Gegenteil, sie sind verstreut und vermehren sich sogar rasant. Auch unser Hund hat seinen Instinkt noch nicht verloren und versucht jeden Tag aufs Neue seine ihm nicht wohlgesonnen Nachbarn auf zwei Beinen mit lautem Gebell und Getöse zu vertreiben. Leider bisher vergeblich und ich kann bestätigen, er setzt seine ganze Stimme und Körpersprache dafür ein. Der Füdlibürger ist auch nicht dumm, er setzt einen blick-dichten hohen Holzzaun vor unseren Zaun, um sich wenigstens den Anblick ersparen zu können. Das Glück
ist nun auf beiden Seiten beschienen, unsere Pflanzen davor haben einen wunderbaren Windschutz, unser Hund kann sich wieder ganz entspannt im Garten bewegen und er hat seinen inneren Frieden bekommen.
Ich drück Euch alle! Kathleen
Kai meint
Liebe Kathleen, Ihr liegt uns sehr am Herzen.