Jetzt sehe ich sie hier in den Bergwäldern wieder. Die eifrigen Pilzsammler. Und immer wieder frage ich mich, ob sie überhaupt wissen, was sie da in ihren Körbchen nach Hause tragen.
Pilze, weder Pflanze noch Tier
Pilze sind schon recht seltsame Wesen. Sie lassen sich schwer zuordnen. So sind sie weder Pflanze noch Tier. Einerseits sind sie heterotroph, benötigen also organische Nährstoffe für ihren Stoffwechsel. Andererseits besitzen sie Zellwände, wie die Pflanzen und Vakuolen als Zellorganellen. Sie muten wie eine Zwischenform an und selbst unter den Pilzen gibt es verschiedene Einteilungen.
In diesem Artikel beziehe ich mich jedoch ausschliesslich auf die echten Pilze und bei ihnen im speziellen auf die Grosspilzarten zu denen die Speisepilze zählen.
Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass der Pilz der Teil ist, den Sammler kurz über dem Boden abschneiden. Sie sammeln damit jedoch nicht den Pilz, sondern lediglich seinen Fruchtkörper, der zur Vermehrung gebildet wird. Unterirdisch erstreckt sich ein weit verzweigtes Pilzmycel.
Symbiose von Pilz und Baum
In unseren Breiten gibt es ca. 200 essbare Pilze, von denen jede vierte Pilzart eine Symbiose mit Bäumen oder Sträuchern eingeht. Die sogenannten Mykorrhiza-Pilze verbinden sich mit den feinen Wurzeln der Bäume.
Manche Pilzart weist schon durch ihren Namen darauf hin. Wie beispielsweise der Birkenpilz oder der Lärchenröhrling. Anderen Pilzen, wie dem Pfifferling oder dem Steinpilz kann man diese Symbiose nicht direkt ihrem Namen entnehmen.
Doch warum gibt es solch eine Symbiose? Die Vorteile für den Pilz sind offensichtlich. Er ernährt sich von dem Zucker, den der Baum zur Verfügung stellt. Das Pilzgeflecht beansprucht für sich bis zu einem Viertel des Zuckers, den der Baum produziert. Nur was hat der Baum davon?
Einerseits dient dem Baum das Mycel als Kommunikationsnetz. Es ist wie ein Internet der Bäume, über das sie mit Artgenossen verbunden sind und Informationen und Nährstoffe austauschen. Bäume sind, wenn sie natürlich in Gemeinschaft wachsen, sehr soziale Wesen und versorgen schwächere Artgenossen.
Doch die Pilze bieten den Bäumen noch einen weiteren unschätzbaren Dienst. Sie schützen ihn vor giftigen Stoffen. Das Mycel der Pilze ist wie ein Filter, der Schwermetalle und andere giftige Stoffe aus dem Boden zieht und so die in Symbiose lebenden Bäume vor diesen Giften bewahrt.
Pilze sammeln, alles andere als gesund
Nun wird auch ersichtlich, weshalb Pilze sammeln ein Dienst für den Wald ist. Der eigenen Gesundheit jedoch schadet. Ich frage mich immer wieder, ob die eifrigen Pilzsammler denn wissen, was sie da in ihren Körbchen nach Hause tragen. Ein Gemisch aus Cäsiumisotopen, Radionukliden und Schwermetallen wie Cadmium, Blei und Quecksilber.
Das Mycel filtert diese Gifte aus dem Boden und speichert es in seinen Fruchtkörpern, die unsere Pilzfreunde sammeln und verspeisen. Ironie der Geschichte. So wird der von Menschen in die Natur gebrachte Giftmüll am Ende in den Mägen der Pilzfreunde entsorgt. Ein Kreislauf der oft Naturfreunde trifft.
Aber sind wir mal ehrlich. Ist es nicht ein interessanter Kreislauf mit dem sich die Natur zur Wehr setzt? Wo wäre das Gift besser aufgehoben, als bei der Art, die es zuvor ausgebracht hat. Mir fällt dazu nur der Spruch ein: “Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.”. Denn würde es die Pilze nicht geben, würden unsere Bäume diesen Giften nicht viel entgegenzusetzen haben.
Nun können Sie sich noch fragen, weshalb ich einen offensichtlichen Giftpilz für diesen Beitrag gewählt habe.
Fliegenpilz, Gift- oder Speisepilz
Zum einen mag ich diesen in Symbiose mit der Birke stehenden Pilz. Was gibt es schöneres als ein Birkenwäldchen mit Fliegenpilzen. Darüber hinaus ist der Fliegenpilz nicht unbedingt ein Giftpilz. In vielen Regionen gilt er als ausgezeichneter Speisepilz. Dazu werden junge Fliegenpilze verwendet, bei denen die rote Haut abgezogen wird. Anschliessend legt man sie in Stücke geschnitten, 24 Stunden in Buttermilch. Die Buttermilch wird weggekippt und die Pilze werden gebraten.
Vermutlich würde diese Vorgehensweise auch vermeintliche Speisepilze bekömmlicher machen.
Für unsere Vorfahren war der Fliegenpilz kein Giftpilz sondern vielmehr ein Rausch- und Nahrungsmittel. Noch heute gibt es Psychonauten, die alten Traditionen folgend, das sich bildende Tauwasser aus den Fliegenpilzhüten trinken, um einen Rauschzustand zu erfahren.
Und auch von ungewollten Rauschzuständen wird berichtet. So sollen Rauschzustände nach dem Verzehr von Hasen aufgetreten sein, die zuvor Fliegenpilze gefressen hatten.
Und natürlich wurde der Fliegenpilz in der Vergangenheit auch zum Bier brauen eingesetzt. Aber das ist sicher keine Überraschung. Nicht ohne Grund wurde das Reinheitsgebot für Bier durchgesetzt. Es gibt wohl kaum eine berauschende Pflanze, die nicht in frühen Zeiten ihren Weg ins Bier gefunden hätte.
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