Aus zoologischer Sicht gehört die Ziege zur Klasse der Säugetiere (Mammalia), Ordnung Paarzeher (Artiodactyla), Unterordnung Wiederkäuer (Ruminantia) und zur Familie der Horntiere (Bovidae). Innerhalb der Familie der Horntiere bilden Ziegen und Schafe die Unterfamilie der
Ziegenartigen (Caprinae) (siehe “Die Stellung der Ziegen in der zoologischen Systematik nach GRZIMEK(1988)”).
Zur Gattung der Wildziegen (Capra), zählt man Steinböcke (Capraibex, Capra nubiana, Capra sibirica, Capra walie, und Capra
pyrenaica), den Bezoar (Capra aegagrus mit den Subspezies Capra aegagrus creticus und der domestizierten Ziege Capra aegagrus hircus), den Markhor (Capra falconeri mit den Subspezies Capra falconeri heptneri, Capra falconeri chialtanensis, Capra falconeri megaceros und Capra falconeri jerdoni) und den Tur (Capra Caucasia und Capra cylindricornis) (legel90).
Vereinzelt findet man auch Hinweise, auf den bereits ausgestorbenen Prisca (Capra prisca) (watt66).
Aus zoologischer Sicht sind die heutigen mannigfaltigen Ziegenrassen lediglich Subspezies der Wildziegen. Der vom östlichen Mittelmeer bis Pakistan vorkommende Bezoar (Capra aegagrus) gilt aufgrund von Hornvergleichen als Stammvater der Hausziege (Capra aegagrus f. hircus) (brohmer94).
Legt man Brohmer zugrunde, handelt es sich beim Bezoar um (Capra aegagrus) dessen Subspezies die Stammform der Hausziege Capra aegagrus f. hircus bildet. Wobei das f. für forma steht und seit den 60-er Jahren auf eine domestizierte Form hinweist.
Bei einigen Ziegenrassen spricht jedoch vieles dafür, dass der in Asien beheimatete Markhor (Capra falconeri) den Ursprung bildet oder an deren Entstehung mitwirkte. So vermutet man, dass bei der Entstehung der Girgentana Ziege der Markhor beteiligt war (grünenfelder). Dafür sprechen die einem Korkenzieher gleich, nach oben gerichteten Hörner. Die Drehung der Hörner verläuft jedoch beim Markhor entgegengesetzt, so dass die Behauptung in Frage gestellt werden muss. Trotz dieser Diskrepanz muss man festhalten, dass die säbelförmigen Hörner des Bezoar morphologisch weit entfernt sind von den Hörnern der Girgentana Ziege.
Die große Variation der Hornformen bei heutigen Hausziegen bis hin zur Hornlosigkeit erschwert eine Aussage zur Abstammung der Hausziegen. Aufgrund derzeitiger
Erfahrungen kann man davon ausgehen, dass es permanente Einflüsse durch Wildziegen auf domestizierte Ziegen gab und gibt. Wildziegen und Hausziegen
können fruchtbare Nachkommen zeugen. Es kommt nicht selten vor, dass eine Hausziege von einem Steinbock (Capra ibex) gedeckt wird. Die Nachkommen fallen in solchen Fällen durch ihre meist extrem ausgebildeten Hörner auf. Zahlreiche Belege für Verpaarungen von Wildziege und Hausziege sind bekannt (legel90).
Der Bezoar kann jedoch als Stammvater der Hausziege angesehen werden. Dafür sprechen nicht nur Hornvergleiche sondern auch das Verbreitungsgebiet des Bezoar, in dem dieersten domestizierten Ziegen gefunden wurden.
Die Anfänge der domestizierten Ziege werden auf das 8. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung datiert. Als Belege für diese Annahme dienen Ausgrabungen in Ganj Dareh und Ali Kosch (Irak), die ein Alter von ca. 10 000 Jahren aufweisen. Die gefundenen Knochen unterscheiden sich von Wildziegen durch ihre Morphologie und die Art der Knochenfunde, in Bezug auf die Zusammensetzung der ursprünglichen Ziegengruppe. Unter den in Ganj Dareh gefundenen Ziegen sind auffällig viele männliche Jungtiere. Morphologisch betrachtet, sind die gefundenen Tiere kleiner als heutige Wildtiere. Beide Hinweise deuten darauf hin, dass es sich nicht um gejagte wilde Ziegen, sondern um domestizierte Ziegen handelt.
Bei den in Ali Kosch gefundenen Ziegen fällt zusätzlich zu dem auffällig hohen Anteil von Jungtieren eine Veränderung im Querschnitt des Hornzapfens auf. Beides weist auf domestizierte Ziegen hin
(gall01).
Einen weiteren Hinweis liefern Überlieferungen von Tempelzeichnungen aus Palästina (Jericho). Sie lassen vermuten, dass der Beginn der Domestizierung von Wildziegen
bereits im 10. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung begann (legel90).
Die Anfänge der Domestikation der Ziege datieren vor der des Schafs. Als Hinweise für diese Aussage, dienen nicht nur die
bereits angeführten Funde. Auch beim Schaf gibt es Hinweise, die eine sehr früh beginnende Domestikation vermuten lassen. Die Anspruchslosigkeit der Ziege und ihre Fähigkeit, durch ihr Fressverhalten Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung zu erschließen, sprechen für die Ziege. So soll sie bereits frühzeitig zur Waldrodung eingesetzt worden sein, um Siedlungs- und Ackerbaugebiete zu erschließen (benecke94).
Gall verweist darauf, dass in Südwest-Asien, wo Menschen erstmals mit dem Ackerbau begannen, auch Wildziegen lebten und nur diese im Stande gewesen wären, die damals vorherrschende unhygienische Haltung, gekoppelt mit psychischen Stress und unzureichender Fütterung, zu überstehen. Auch seien Ziegen besser an die Haltung in Waldgebieten angepasst, die damalige Siedlungen meist umgaben.
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